Ein System, dem weder Energie hinzugefügt noch Energie entnommen werden kann, bezeichnen wir als ein abgeschlossenes System.
Die Energieerhaltung besagt nun, dass die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems stets gleich bleibt. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Energie könnte ja auch theoretisch vernichtet werden oder aus dem Nichts entstehen! So ist es aber nicht.
Obwohl die Energie in verschiedene Formen (z. B. kinetisch, potenziell, chemisch, elektrisch und etc.) umgewandelt werden kann, bleibt die Gesamtmenge der Energie in einem abgeschlossenen System gleich. Energie kann NICHT Produziert bzw. Vernichtet werden. Sie wird lediglich von einer Form in eine andere Form umgewandelt!
Bei der Energieerhaltung reden wir immer von der Gesamtenergie eines Systems. Was ist die Gesamtenergie eines Systems? Die Gesamtenergie eines Systems ist die Summe der potenziellen und kinetischen Energien der Systembestandteile. Beispiel: die Gesamtenergie eines Systems bestehend aus einem einzigen Pendel ist gleich der Summe der potenziellen und der kinetischen Energie des Pendelkörpers. Die Gesamtenergie eines Systems bestehend aus 10 Pendeln ist die Summe der potenziellen und kinetischen Energien aller 10 Pendeln im System.
Bei der Energieerhaltung reden wir immer von einem abgeschlossenen System. Was ist ein abgeschlossenes System? Nun es ist tatsächlich sehr schwer ein abgeschlossenes System zu finden, denn Reibung z. B. führt dazu, dass alle kleine Systeme nicht mehr abgeschlossen sind, denn die Wärme, die durch Reibung entsteht, wird an die Umgebung abgegeben. Ist ein Pendel ein abgeschlossenes System? Streng genommen nicht, da durch Interaktion mit der Umgebungsluft, Reibung entsteht. Ist ein Pendel im Vakuum ein abgeschlossenes System? Fast, aber am Aufhängepunkt verliert das System durch Reibung immer noch Energie an die Umgebung (wenn auch minimal). Ist die Erde ein abgeschlossenes System? Definitiv nicht, denn die Erde verliert ständig Wärme ans Weltall und bekommt wiederum kontinuierlich Wärme von der Sonne. Ist das gesamte Universum ein abgeschlossenes System? Wenn du die Antwort auf diese Frage herausfindest, ist dir ein Nobelpreis definitiv sicher! Vergiss dann nicht diese App zu nennen :D.
Die Energieerhaltung ist ein Segen für uns Physiker, denn sie ermöglicht uns viele komplizierte Fragestellungen auf sehr simple Art und Weise zu lösen. Hierzu folgt ein Beispiel.
Ein Beispiel: Ein Objekt (s. Abbildung 1) mit einer Masse von 100 [kg] rutscht auf einer schiefen Ebene (Neigungswinkel $\alpha = 30 \degree$) aus einer Höhe von $h=2 [m]$ hinunter. Mit welcher Geschwindigkeit $v$ kommt das Objekt unten an?
Lösung 1: Bisher haben wir solche Aufgaben folgenderweise gelöst Gesucht ist die Geschwindigkeit $v$. Es gilt $v = at$. Wir brauchen also a und t. Es gilt: $F = ma$, d. h. $a = \frac F m$. Vorsicht: Hier ist mit F die Parallelkomponente der Kraft, d. h. $F_{||}$ gemeint, da diese für die Bewegung verantwortlich ist. Diese Kraftkomponente ist in Abbildung 1 rot markiert. Einsetzen ergibt $$v = \frac {F_{||}} m t$$ Nun benötigen wir die Rutschdauer t. Es gilt $s= \frac 12 at^2$. Auflösen nach t liefert $$t = \sqrt{\frac{2s}{a}}$$Für die Beschleunigung a setzen wir wieder $a=\frac {F_{||}} m$ ein. Was ist die Wegstrecke s? Nun die Wegstrecke s ergibt sich aus dem Neigungswinkel (s. Kapitel 3). Es gilt $sin (\alpha) = \frac h s$, wobei h die Höhe der schiefen Ebene und s die Länge der schiefen Ebene darstellt. Es gilt also $$s = \frac {h}{sin (\alpha)} $$ Einsetzen in t liefert für die Zeit $$t = \sqrt{\frac{2 \frac {h}{sin (\alpha)}}{\frac {F_{||}} m}}$$ Das Einzige was uns noch fehlt ist $F_{||}$. Wieder verwenden wir den Sinus. Es gilt $$sin (\alpha) = \frac {F_{||}} F $$ Also $$F_{||} = F \cdot sin (\alpha) $$ Mit der Gewichtskraft $F = m g$ erhalten wir $$F_{||} = mg \cdot sin (\alpha)$$ Nun setzen wir $F_{||}$ in t und v ein und erhalten $$v = \frac {mg \cdot sin (\alpha) } m \sqrt{\frac{2 \frac {h}{sin (\alpha)}}{\frac {mg \cdot sin (\alpha)} m}}$$ Wir können viel kürzen und erhalten letztendlich $$v=\sqrt {2hg}$$ Einsetzen der zahlen liefert $$v = \sqrt {40 [m^2/s^2]} = 6,32 [m/s]$$ Endlich geschafft!!!
Lösung 2: Anwendung der Energieerhaltung Oben hat das Objekt nur die potenzielle Energie $E_{pot}= mgh$ Unten hat das Objekt nur die kinetische Energie $E_{kin}= \frac 12 m v^2$ Energieerhaltung besagt $E_{pot}=E_{kin}$, d. h. $$mgh = \frac 12 m v^2$$ Auflösen nach v liefert $$v=\sqrt {2hg}$$ Für diese Formel haben wir bei der 1. Lösung eine Ewigkeit benötigt!!! Einsetzen der Werte liefert $$v = \sqrt {40 [m^2/s^2]} = 6,32 [m/s]$$ Fertig!!! Habe ich erwähnt, dass die Energieerhaltung für uns Physiker ein Segen ist, denn sie ermöglicht uns viele komplizierte Fragestellungen auf sehr simple Art und Weise zu lösen?
Warum gibt es aber überhaupt die Energieerhaltung? Die Energieerhaltung ist eine Folge der Zeitinvarianz der Naturgesetze. Was heißt das? Die physikalische Gesetze gelten unabhängig davon, ob die Zeit vorwärts, rückwärts, schneller oder langsamer, in unserer Galaxie oder wo anders im Universum läuft. Deshalb ist auch die Gesamtenergie in einem abgeschlossenen System stets konstant, weil durch diese Zeitinvarianz keine Energie produziert, oder vernichtet werden kann. Die physikalischen Gesetze sind auch in allen Raumrichtungen gleich, d.h. es gibt auch eine Rauminvarianz der Physik. Und dies mein junger Paderwan führt uns zur Impulserhaltung. Es ist eben alles nur Raum und Zeit!