Welche Strecke wird im Falle konstanter Beschleunigung in Abhängigkeit der verstrichenen Zeit zurückgelegt? Die folgende Abbildung kann uns hierbei helfen.
Die Abbildung stellt die Geschwindigkeit $v$ in Abhängigkeit von der Zeit $t$ dar. Dabei ist die Geschwindigkeit konstant. Das sieht man daran, dass es sich bei der roten Linie um eine Gerade handelt.
Wir suchen die zurückgelegte Strecke zu einem beliebigen Zeit $t$. Diese ist nichts anders als die Fläche zwischen der Gerade $v(t)$ und der t-Achse. Diese Fläche setzt sich aus zwei Formen zusammen:
Fläche $F_1$ ist ein Rechteck, das durch die Anfangsgeschwindigkeit $v_0$ festgelegt ist. Verändert sich $v_0$, dann ändert sich auch $F_1$. Es gilt $F1 = v_0 \cdot t$. (Das kennen wir bereits aus $s = v \cdot t$!)
Fläche $F_2$ ist ein Dreieck, das durch die Beschleunigung $a$ festgelegt ist. Aber warum? Nun ja für den Flächeninhalt des Dreiecks gilt $$\begin{aligned} F_2 &=\frac 1 2 \text{ Höhe } \cdot \text{ Breite } \\ & = \frac 1 2 v \cdot t \quad \text{ mit } v= a \cdot t \\ &= \frac 1 2 a \cdot t^2 \end{aligned}$$
Nun setzen wir die Beiträge zusammen, d. h. $F_1 +F_2$ und erhalten für die zurückgelegte Strecke $$s(t) = \frac 1 2 a \cdot t^2 + v_0 \cdot t$$
Falls zum Zeitpunkt $t=0$ die Strecke nicht Null ist, d. h. $s(t=0) = s_0$, müssen wir diesen Beitrag auch mitberücksichtigen. Wir erhalten dann im Falle einer konstanten Beschleunigung für die zurückgelegte Strecke in Abhängigkeit von der Zeit $$\boxed {s(t) = \frac 1 2 a \cdot t^2 + v_0 \cdot t + s_0}$$
Die folgende Abbildung zeigt die Funktion $s(t)$ für die konstante Beschleunigung. Da in dieser Funktion die Variable $t$ den Exponenten 2 hat (wegen $t^2$) sprechen wir von einer quadratischen Funktion.
Die graphische Darstellung einer quadratischen Funktion ergibt keine Gerade sondern eine Parabel. Den tiefsten Punkt dieser Parabel nennt man den Scheitelpunkt oder auch das Minimum. In unserem Fall hat der Scheitelpunkt die Koordinaten $(0, s_0)$.
Der freie Fall
Die Erde beschleunigt alle Objekte mit $-9,8 [m/s^2]$. Diese Beschleunigung ist negativ, weil Sie immer nach unten (zum Erdzentrum) zeigt. Man nennt die Erdbeschleunigung $g$ und verwendet einfachheitshalber den Wert $g= -10 [m/s^2]$
Ein Stein wird in einen Schacht fallen gelassen. Welche Tiefe erreicht der Stein nach 2 Sekunden? Für die zurückgelegte Strecke gilt $$s(t) = \frac 1 2 a \cdot t^2 + v_0 \cdot t + s_0$$ mit $a = g= -10 [m/s^2]$, $v_0 = 0$ (da kein Wurf) und $s_0 = 0$ (wir setzen die Erdoberfläche als Ausgangsposition) Nach $t=2 [s]$ hat der Stein folgende Strecke hinter sich $$\begin{aligned}s(2[s]) &= – \frac 1 2 (10 [m/s^2] \cdot 2^2 [s^2]) + 0 \cdot 2[s] + 0 [m] \\ &= -20 [m] \end{aligned}$$ Der Stein erreicht die Tiefe von 20 [m]. Das Minus-Vorzeichen besagt, dass sich der Stein unter der Erdoberfläche (unser Bezugssystem) befindet.
Der senkrechte Wurf
Der senkrechte Wurf nach oben ist ähnlich dem freien Fall, mit dem Unterschied, dass durch den Prozess des Werfens für die Anfangsgeschwindigkeit gilt $v_0 \not = 0$.
Ein Stein wird von einer Höhe von 10 [m] mit der Geschwindigkeit $v_0 = 20 [m/s]$ nach oben geworfen. Welche Höhe erreicht der Stein nach 2 Sekunden? Für die zurückgelegte Strecke gilt $$s(t) = \frac 1 2 a \cdot t^2 + v_0 \cdot t + s_0$$ mit $a = g= -10 [m/s^2]$, $v_0 = 20 [m/s]$ (durch das Werfen) und $s_0 = 10 [m]$ (Ausgangshöhe) Nach $t=2 [s]$ hat der Stein die Strecke $$\begin{aligned}s(2[s]) &= – \frac 1 2 (10 [m/s^2] \cdot 2^2 [s^2]) + 20 [m/s] \cdot 2[s] + 10 [m] \\ &= -20 [m] + 40 [m] +10[m] &=30 [m] \end{aligned}$$ Der Stein erreicht die Höhe von 30 [m].